Petra Stavast (* 1977 in Tiel, Niederlande).
Stavast begann mit dem fotografischen Projekt „Ramya“ 2002, als sie in das Haus von Ramya zog und die Kamera als Kommunikationsmedium diente. Stavast nahm das Langzeitzeitprojekt erst nach dem Tod von Rayma (2012) wieder auf und schloss es im Jahr 2014 ab, nachdem Stavast von Raymas Privatarchiv zu den Überresten einer ehemaligen Gemeinde von Bhagwan-Anhänger im Niemandsland von Oregon, USA geleitet wurde. Diese und viele andere Geschichten ergeben Stavasts Biografie von Ramya: Eine Aufnahme eines außergewöhnlichen Lebens.
Das Thema des Festivals ist “Innere Sicherheit / The State I Am In”. Das beinhaltet sowohl politische Aspekte des “Heimatschutzes” als auch sehr intime und private Aspekte. Wie ist deine Beziehung zu solchen Themen? Wie verstehst du deine Arbeit in diesem Kontext?
So wie ich daran gegangen bin, gibt es zwischen dem Thema und meinem Projekt viele Verbindungen. Zum einen, der Aufstieg und Niedergang der Rajneeshpuram-Gemeinde (1981-1985, Oregon USA) und andererseits, die Bedrohung des„Bhagwan (Osho) Imperium“ von innen und von außen zu bewältigen.Vielleicht waren es Leute die sich intern entwickelten, welche den Untergang verursachten. Auf einer abstrakten Ebene ist es dasselbe mit Ramya, für die Bedrohung gleich Versuchung und Schwäche war. Auch sie war in einem ständigen Kampf mit ihrem inneren Ich.
Glaubst du es ist möglich ist, aus der Gesellschaft oder den sozialen Beziehungen zu entfliehen?
Alle Beziehungen die ich zu Menschen habe beziehen sich darauf. Also wie sollte es möglich sein? Ich schätze mal, indem man jeden Kontakt zu allen anderen Menschen abbricht. Klar, auf einer praktischen Ebene ist das möglich.
Aber ich bezweifele, dass man dann vergessen kann oder sich zumindest nicht mehr von Gedanken aus früheren oder zukünftig entstehenden Beziehungen (auch die müssen miteinbezogen werden, um die soziale Flucht vollkommen zu erreichen) belästigt fühlt
Und wie beurteilst du die Rolle von autokratischen Herrschern?
Die allgemeine Rolle der autokratischen Führer zu beurteilen oder wenigstens darüber zu schreiben, ist eine zu große Sache für mich. Die Geschichte hat bewiesen, dass daraus vor allem schlechte Dinge resultieren. Die Definition des Begriffs (Unterdrückung von Widersachern, Selbstanreicherung des Anführers, das Gegenteil von Demokratie, scheinbar demokratisch gewählte Anführer, die diese Werte verurteilen, etc), lässt sich gut auf Rajneeshpuram überschreiben. Zumindest was die Erzählungen der Widersacher betrifft. Denn selbst nach vielen Jahrzehnten, beten noch immer Sanyassins(Anhänger von Bhagwan) auf der ganzen Welt ihren Führer an und werden sagen, dass er nur gutes getan hat. In meiner Arbeit habe ich versucht eine neutrale Perspektive zu bewahren, indem ich Für- und Gegensprecher von ihren Erfahrungen berichten ließ. Durch deren Geschichten, fühle ich mich nicht in der Position darüber zu urteilen.
Wie war deine künstlerische Herangehensweise bei »Ramya«?
Unsere Beziehung und mein künstlerischer Herangehensweise/Ansatz stimmten gut miteinander überein. In gewisser Hinsicht war das ganze „Projekt“ schon vorhanden, bevor ich es merkte. Ihr privates Archiv zusammen mit meinem sind das Projekt. Das einzig künstlerische was ich getan habe, ist es den Ablauf der Ereignisse und das resultierende Material zu entwirren und daraus eine Handlung zu entwickeln. Das ist es, was ich als meine Version von Ramyas Biographie auffasse.
Während ich Informationen sammelte und das Material durchging, fing ich an in separierten „Handlungssträngen“ und „Kapiteln“ zu denken. Ein Buch als Dokument passt gut zu dem Material aber manche Teile wären besser in anderen Medien aufgehoben. Gleichzeitig habe ich eine Ausstellung, in der Videos, Originalstücke und Vergrößerungen Teile der Geschichte erzählen, die nicht im Buch sind. Um die Frage zu beantworten, mich interessiert das Entwirren großer Mengen von komplexen Material. Meine Arbeit besteht vor allem daraus, ein passendes Medium zu finden, über das jeder Teil der Geschichte am besten erzählt wird.